Verlust von Beziehung zu sich und anderen
In einer traumatischen Erfahrung fühlt sich der Mensch von der erlebten Realität überwältigt. Wenn Flucht oder Kampf nicht möglich sind, erfolgt ein Rückzug aus der Realität: Wir verlieren die Verbindung zu uns selbst, zu unseren Gefühlen und Instinkten und/oder zu unserer Körperempfindung. So ist es uns nicht möglich, unsere Verbindung zu uns selbst wahrzunehmen. Der rationale Verstand beginnt dies durch Interpretationen, Projektionen zu kompensieren.
Der Verlust von Verbindung spiegelt sich im Aussen wieder; in der Familie, in der Beziehung, am Arbeitsplatz… Die Qualität der Beziehungen sind beeinträchtigt.
Traumata sind keine Krankheiten, sondern das Resultat eines Prozesses, der nicht seinen natürlichen Verlauf nehmen konnte. In der Traumaheilung geht es auch darum, die Verbindungen zu uns selbst, zu den Menschen, die uns lieb sind und unserer Umwelt wieder herzustellen.
Entwicklungstrauma
Ein Entwicklungstrauma kann dort – und in der Regel im frühen bzw. frühesten Kindesalter – entstehen, wo mit Blick sowohl auf das Nervensystem wie auch die Beziehungsebene die biologische und psychologische Entwicklung eines Menschen beeinträchtigt war. Der Weg aus der Deregulierung und den damit verbundenen Überlebensstrategien in die Präsenz orientiert sich an der Frage : „Was hält mich jetzt, in diesem Moment davon ab, vollständig präsent zu sein?“ Die Antworten werden emotional, körperlich und kognitiv erforscht.
Fünf Ressourcen
Es gibt fünf zentrale Ressourcen und mit ihnen verbundene entwicklungspsychologische Lebensthemen, die sich darauf auswirken, wie gut es uns gelingt, im „Hier und Jetzt“ bei uns selbst und anderen zu sein:
Kontakt: Wir haben das Gefühl, auf diese Welt zu gehören. Denn wir sind in Kontakt mit unserem Körper und unseren Gefühlen und sind zu durchgängigen Beziehungen imstande.
Bedürfnisse: Wir wissen, was wir brauchen und sind in der Lage, auf andere zuzugehen, wenn wir ihre Fürsorge und anderes brauchen. Was mit sich bringt, dass wir uns an der reichen Fülle des Lebens erfreuen können.
Vertrauen: Wir haben ein inhärentes Selbstvertrauen und Zutrauen zu anderen. Wir fühlen uns sicher genug, um gesunde wechselseitige Abhängigkeitsverhältnisse zu erlauben. Und wir haben die Fähigkeit, uns auf sie zu verlassen.
Autonomie: Wir können nein sagen und anderen gegenüber klare Grenzen setzen. Wir sagen, was wir denken, ohne dabei von Schuldgefühlen oder Angst geplagt zu sein.
Liebe: Unser Herz ist offen und unser Nervensystem im Gleichgewicht. Dies unterstützt liebevolle Beziehungen und eine gesunde Sexualität.
In dem Umfang, in dem diese fünf Grundbedürfnisse erfüllt sind, bleiben wir im Fluss und in gutem Kontakt mit uns. Als Folge daraus begegnen wir unserem Umfeld mit einem Gefühl der Sicherheit und Vertrauen. Denn wir haben das Gefühl, innerlich im Lot zu sein und erleben eine gewisse Ausdehnung. Ist für diese Grundbedürfnisse jedoch nicht oder unzureichend gesorgt, entwickeln wir Überlebensstrategien. Damit versuchen wir den fehlenden Kontakt und die gestörte Regulierung zu bewältigen.
In neueren Jahren hat sich die Rolle der Selbstregulierung als wichtiger Aspekt psychologischen Denkens durchgesetzt. Das neuroaffektive Beziehungsmodell überträgt den aktuellen Kenntnisstand zur Selbstregulierung in die klinische Praxis. Der Schwerpunkt dieses ressourcenorientierten, nichtregressiven Modells liegt darauf, dem Einzelnen zu helfen, mit jenen Anteilen in sich in Kontakt zu gelangen, die organisiert und kohärent und einwandfrei funktionieren. Es wirkt darauf hin, Organisation in jene Anteile zu bringen, deren Organisation und einwandfreies Funktionieren gestört sind, ohne die regredierten, dysfunktionalen Elemente zum primären Gegenstand der Therapie zu machen.